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unser Spanier - Cantinero (Kneipenwirt), kennt sich vielleicht mit Bars aus,  mit Wasser hat er jedoch so seine Probleme - daher reiten wir mit  anderen Pferden durch die erste Furt (Priel) - das Sahlenburger Loch
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Ich habe ein kurzes Musik-Video  (7`25") von diesen Wattritten gemacht in dem der Charakter der Nordsee und des Watts richtig gut rüberkommt.

Alternativer Streaming-Link:
(falls das Fenster mit fester Größe auf einem kleinen Display
nicht richtig dargestellt wird://youtu.be/_UgNreoJJNg)

Lizenzfreie Musik von //www.terrasound.de
Musiktitel von Dag Reinbott:

A beautiful Memory
Accelerator
Andalusian Love
Deep Impact
Dramatic Mission Trailer

Tag 1 - von Cuxhaven/Sahlenburg nach Neuwerk

Wir reiten gegen 10 Uhr los, erst zum Wattwagenplatz um unser Gepäck dem Wagen zu übergeben dann rein ins Watt. Casanova sieht schon von weitem was ihm blüht und weigert sich erst mal ins Watt zu gehen - ich muss tatsächlich absteigen. Cantinero ist da noch unbedarft und geht einem kleinen Pony nach. Durch den ersten Priel schließen wir uns einer größeren Reitergruppe an, das macht es dem Spanier einfacher ins tiefe Wasser zu gehen. Diese drehen allerdings vor dem Duhner Loch um und reiten wieder zurück. Es gibt hier nur wenige Leute die mit eigenen Pferden von weit her kommen. Die meisten kommen aus der Nähe und noch mehr reiten auf Pferden die hier stationär zum Ausleihen mit Führer stehen. Diese Pferde kennen das Watt und haben keine Probleme damit.

Wir waren schon einmal Juni 2013 hier im Nationalpark Wattenmeer bei Cuxhaven. Damals hatten wir das Duhner Loch, einer von 2 tiefen Prielen auf dem Weg nach Neuwerk bei Hochwasser durchritten und waren nass bis zum Sattel. Damals mussten wir den Weg nach Neuwerk hin- und zurück in einem Stück reiten da wir keine Übernachtung gebucht hatten. Die ca. 26-28km Strecke müssen dabei innerhalb von maximal 4 Stunden durchritten werden da sonst die Flut  zu schnell wieder steigt - es gibt nicht umsonst mehrere Rettungsbaken auf dem Wattwanderweg.

Jedes Jahr passieren hier viele "Unfälle" mit Reitern, deren Pferde dann manchmal um die Baken herumschwimmen während die Menschen in den Körben auf Rettung ausharren. Sie haben hier extra große Reifen die den Pferden um den Hals gelegt und befestigt werden. Diese werden dann, hinter Booten her, an Land gezogen. Der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser beträgt hier im Normalfall bis zu 2 Meter. Auch Todesfälle gibt es jedes Jahr! Allerdings verbreiten sich auch Gerüchte hier extrem schnell. So wurden wir nach unserer Rückkehr gefragt ob wir den Unfall gesehen hätten.

Angeblich seien Leute mit kleinen Ponys verunglückt. Wir haben die Leute mit den kleinen Ponys und Kinder darauf vor dem Sahlenburger Loch getroffen und sind nach dem Priel mit ihnen zum Strand galoppiert! Sie haben erzählt bei den kleinen Pferden hätten im Duhner Loch, welches sie kurz vor uns durchritten haben, nur noch die Ohren (und Nase) aus dem Wasser geschaut. Die Kinder hatten wohlweislich keinen Sattel und nur Leggings an. Einen Unfall gab es definitiv nicht.

Das gefährliche am Watt sind, neben dem schnellen Auflaufen der Flut, die Priele, in denen das Wasser als erstes so hoch steigt. Bei Pferden die Angst vor Wasser haben kann das den Ritt so sehr verzögern, dass man nicht mehr rechtzeitig aus dem Watt kommt. Neben der schieren Wasserhöhe ist die Strömung hier sehr gefährlich, oder kann es werden. Denn das einlaufende bzw. das ablaufende Wasser schießt durch diese Priele und kann Pferde, die ja seitlich eine recht große Angriffsfläche bieten, abtreiben lassen. Auch ist es oft so, dass der Wind/Sturm die Wellen nach links treiben, die Strömung aber nach rechts einwirkt (oder umgekehrt), das irritiert das Auge nicht unerheblich und man gerät leicht vom Weg ab.

So hat man grundsätzlich nur 2 Stunden vor Tiefstand bis 2 Stunden nach Tiefstand zum Reiten im Watt. Die Wattwagen starten normalerweise drei Stunden vor Tiefststand, im Grunde müssen sie ihre Fahrtzeit so einrichten, dass sie das Duhner Loch zweimal bei möglichst tiefem Wasserstand passieren aber zwischen den Passagen liegen mindestens 2 Stunden. Ist der Stand an dem Tag generell zu hoch, dann müssen sie umkehren auch wenn der Hinweg machbar wäre, denn beim Rückweg (2 Stunden später) kämen sie dann nicht mehr durch. Die Entfernungen zwischen Duhner Loch und Festland/Insel betragen 4,5km und 4,7km, es liegt also etwa in der Mitte des Weges. Angeblich wurde das Duhner Loch zur Sicherung des Wattweges nach Neuwerk Anfang 2019 etwas befestigt, wir haben allerdings nichts davon gesehen.

Kai Koppe | 08.01.2019 | Cuxhavener Nachrichten:

"Wasserbauer einer Firma aus Stadland errichten im Auftrag des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) im Bereich des Duhner Lochs eine hölzerne Spundwand. Die Konstruktion soll sandgefüllten "Bigpacks" Halt geben, mit denen man den Wasserzustrom aus Richtung Weser zu begrenzen hofft.

CUXHAVEN. Im Auftrag des Landes finden im Cuxhavener Watt derzeit Arbeiten zur Sicherung der Neuwerk-Verbindung statt. In einem zwischen dem Cuxhavener Festland und der Insel Neuwerk gelegenen Priel haben sich die Pegelstände in den vergangenen Jahren dramatisch erhöht"...

Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer liegt zwischen Wesermündung im Süden (Bremerhaven) und Elbemündung im Norden (Cuxhaven) und ist UNESCO Weltnaturerbe. Die Tiden (Ebbe/Flut) verändern sich permanent da sie keinen 24-Stunden Rhythmus sondern eher einen von 23 Stunden haben, dabei beeinflussen der Mond in erster Linie aber auch die Sonne Höhe und Zeitpunkt der jeweiligen Tiden. Es gibt Tidentabellen im Internet aus denen man die Zeiten von Hoch- und Niedrigwasser für viele Monate im voraus entnehmen kann.

Allerdings gibt es auch kurzfristige, von der Wetterlage abhängige Änderung des höchsten/niedrigsten Wasserstandes, z.B. wenn eine steife Brise das Ablaufen des Wassers behindert. Nur durch eine gute Terminierung des Urlaubes im Hinblick auf die Zeiten des Niedrigwassers ist ein Neuwerkritt sicher plan- und machbar, vor allem wenn man hin- und zurück will. Reitet man aber nicht zurück, sondern übernachtet auf der Insel, ist einfach viel mehr Zeit für den Weg und man hat auch keine Hektik auf der Insel sondern Ruhe. Auch muss man nicht mit dem ganzen Pulk reiten, vor allem an Wochenenden ist hier nämlich die Hölle los.

Die Priele sind in ständiger Veränderung. Das Sahlenburger Loch ist mit Eisenbahnschotter stark befestigt und schlammfrei. Es ist auch normalerweise nicht so tief. Große Probleme bereitet den Wattwagenfahrer in den letzten Jahren immer mehr das Duhner Loch, denn es ist zu breit zum Befestigen und sehr verschlickt. Der Schlick kommt in erster Linie von Abfällen, zersetztes organisches Material aus der Elbe (und von Schiffen), deren Fahrwasser bei Cuxhaven in die Nordsee und am Nationalpark Wattenmeer vorbei führt. Auch durch die steigenden Meeresspiegel verändern sich Strömungslinien und Priele verlagern sich.

Der Wattwanderweg selbst verlagert sich auch. Er ist markiert durch Reisigbüschel die im festen Untergrund eingegraben, bei Ebbe sichtbar und bei Flut verdeckt sind. Aber der passierbare Weg wird von Zeit zu Zeit verlagert wenn er zu verschlicken droht. Auch durch die vielen Wattwagen werden natürlich Schäden am Weg verursacht. Man sieht das deutlich wenn man weiter raus zur Insel Scharhörn reitet. Hier ist niemand, kein Wagentourismus und das Watt und der Weg sehen völlig anders aus. Etwa ein bis zweimal die Woche fahren ganz wenige Wattwägen nach Scharhörn und man kann die Insel mit Führer betreten. Ohne Führer ist das Betreten verboten denn alles liegt im Naturschutzgebiet!

Es gibt viele Hotels und Ställe hier. Wir übernachten in Sahlenburg auf dem Schillingshof-Kamp, der Appartements und einen großen Stall samt Wiesenpaddocks hat. Der Chef, Herr Kamp, betreibt auch ein Wattwagenunternehmen und kann gute Tipps geben. Auf Neuwerk haben wir im alten Fischerhaus (Fam. Fock) gebucht. Hier gibt es einen sehr großen Stall mit Boxen und riesige Weideflächen. Auch hier betreiben sie ein Wattwagenunternehmen. Auch macht Herr Fock Wattwagenfahrten nach Scharhörn. Man kann sein Gepäck dem Wattwagen vom alten Fischerhaus mitgeben, denn beim Durchqueren der Priele kann es sonst leicht nass werden. Die Übergabestelle ist dann der Wattwagenplatz, dort wo auch der Wattwanderweg beginnt.

14,6km - 3h 2'


das Sahlenburger Loch


dann geht der Galopp los


hinten sieht man schon Neuwerk


der Spanier macht das sehr gut


er versucht nur immer wieder zu trinken



das Bild ist aus dem Video - schöne Schwebephase
nur die Ohren könnten vorne sein


es ist nicht so, dass man die ganze Strecke
galoppieren oder auch nur traben kann


Koppeln mit altem Leuchtturm auf Neuwerk


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Tag 2 - Ritt auf die Vogelinsel Scharhörn und zurück.

Wir machen die Pferde fertig und reiten in aller Ruhe gegen halb elf los. Der Wattwanderweg nach Scharhörn ist vom Charakter her völlig anders als zwischen Festland und Neuwerk. Viel unberührter, ganz wenig Schlick. Wir reiten durch das Watt, dann beginnen bald die Salzwiesen, das sind Grasflächen die immer wieder überflutet werden, es gibt hier eine Art Heidekraut und kleine Rinnsale entlang des Weges. Scharhörn erhebt sich ganz unmerklich aus dem Watt und dann sind wir da.

Wir dürfen die Insel zwar nicht betreten aber das wäre sowieso nicht möglich denn es gibt nichts wo man die Pferde anbinden könnte. Wir machen ein wenig Pause, die Pferde grasen dann sehe ich am Horizont ein Gewitter aufziehen und bekomme einen Schreck, denn  Gewitter im Watt ist alles andere als witzig. Hier steht man mit den Füßen im Wasser, egal wo ein Blitz einschlägt das Wasser leitet den Strom, und sowieso ist man der höchste Punkt. Also reiten wir zurück, mit Regenmantel.

Aber wir haben Glück, das Unwetter tobt sich am Horizont aus und bleibt über dem  Festland. Kurz vor Neuwerk versuchen wir den Wattwanderweg zu verlassen denn das Ufer sieht aus als könnte man da hoch und auch auf der OSM-Karte ist so was wie ein Weg an Land, aber - wir versinken fast im Schlick, das war dumm und auch nicht witzig. Man wäre eh nicht ans Ufer gekommen, der Weg war ein, mit großem Tor verschlossener Zugang, wahrscheinlich um Boote ins Wasser zu lassen. Nicht umsonst heißt es, den Weg nicht zu verlassen.

18,2km - 3h 38'


die Koppeln müssen sich die Jungs
mit unzähligen Hasen teilen


Wir lassen die Pferde noch ein bisschen grasen
oder besser schilfen


dann sind wir wieder draußen im Meer


der Weg zieht sich erst um Neuwerk herum


am Horizont sehen wir die riesigen Pötte im Elbefahrwasser


Wegmarkierung


Rückweg unter Androhung von Blitz und Donner




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gut, dass das nicht über uns ist


abends von den Koppeln aus

3. Tag Rückweg von Neuwerk nach Sahlenburg

Schon beim Losreiten heißt es: schweres Wetter mit Wind und Hochwasser. Die Wattwagenfahrer sind nicht sicher ob sie ihre Gäste nach Sahlenburg und neue von dort nach Neuwerk bekommen. Da wir nur den einfachen Weg haben reiten wir erst spät los und auch langsam. Wir haben Zeit und je tiefer das Wasser am Duhner Loch desto besser können wir passieren. Nach der Gezeitentabelle wäre Niedrigwasser gegen 13:47 Uhr. Wir sehen eine geschlossene Wasserfläche über große Strecken des Weges und etwa 2 km vor dem Duhner Loch kommen uns Wattwagen entgegen. Erst denke ich prima, das sind die aus Sahlenburg, dann erkenne ich aber den Wagen auf dem unser Gepäck liegt und der Fahrer ruft uns zu, dass sie umkehren mussten da der Priel nicht passierbar sei. Wir reiten weiter denn bis Tiefstand sind es noch eineinhalb Stunden und wir müssen ja nur einmal durch.

Wir sind schon gegen 12:20 am Duhner Loch. Das ist eigentlich zu früh und das Wasser ist noch sehr hoch. Man kann vom Rand natürlich nicht erkennen wie tief es wird, nur die starke Strömung sieht man - die Pferde sind skeptisch. Allerdings habe ich aus der Ferne gesehen, dass eine Reitergruppe durch ist, also muss es gehen. Mein Pony geht vor, der Spanier hinten nach. Die Pferde kämpfen sich durch das hohe Wasser und gegen die Strömung. Ich filme die ganze Zeit, dann muss ich die Richtung korrigieren denn die Strömung bringt Casanova dazu, vom Weg abzuweichen (Weg ist gut), wir sind etwa 50m neben dem markierten Weg.

Das Wasser schwappt bis zum Knie, irgendwann bleibt Casanova stehen um sich zu orientieren oder um auf seinen Kumpel zu warten. Wir stehen jetzt mittendrin, ich treibe ihn weiter und langsam erklimmen wir das gegenüber liegende Ufer des Priels. Wir haben es geschafft. Der Rest des Weges ist einfach, viel Galopp und dann noch das Sahlenburger Loch, was kein Problem ist. Als die Pferde das rettende Ufer sehen sind sie nicht mehr zu halten....

Leider fehlt jetzt unser Gepäck, wir müssen es morgen vom Wattwagenplatz abholen, was ein Glück, dass wir für den nächsten Tag nicht schon die Weiterfahrt geplant hatten.

36,9km - 8h 56' - 938m 613m


noch ist die Laune gut


es ist sehr windig


dann kommen die Wattwagen und Reiter zurück


und das Duhner Loch - ca. 100m starke Strömung