via dolomiti - ein Extremtrail zu den drei Zinnen der Dolomiten
Ende Juni traf ich mich
mit Tina Boche und Peter van der Gugten in Südtirol zu einem Explorertrail
in bislang unbekanntem Gelände. Der Ritt soll die Voraussetzung schaffen
um im August mit einer größeren Gruppe die via dolomiti zu gehen. Die Fotos
sind von uns allen, jeweils erkennbar am Dateinamen _HM, _PG, _TB.
Ohne festes Tagesziel haben wir keinen Stress, am Ende des Tages übernachten
wir dort, wo genug Futter für die Pferde steht. Unser Gepäck macht uns relativ
autark, Weidezaun, Essen und Küchenmaterial, Schlafsack, Zelt oder Tarp.
Für alle 3 Pferde führen wir 25kg Kraftfutter mit. Jedes Pferd trägt etwa
32kg Gepäck plus Sattel. In der Nähe von Almhütten (Malgas) fragen wir den
Hüttenwirt ob wir dort bleiben dürfen. Die Menschen in den Bergen sind nur
freundlich und hilfsbereit, nie haben wir eine Absage bekommen.
Alle 3 Reiter und ihre Pferde sind hochgebirgserfahren, wenn auch die Pferde
(Artvin, Kabardiner, 11 Jahre, Paco, Haflinger, 11 Jahre und Casanova, Flachland-Araberpony,
21 Jahre), durch ihre Herkunft bedingt, auf unterschiedlichem Niveau. Deutlich
sieht man die Unterschiede im Berg, unterschiedlich sind Geschwindigkeit
und Geschicklichkeit aber nicht Mut und Durchhaltevermögen.
Auf- und Abstiege fordern Reiter und
Pferd
Die Schwierigkeiten, die sich uns entgegenstellen sind
heftig. Umgefallene Bäume auf schmalen Pfaden in sehr steilem Gelände, im
Gipfelbereich Geröllfelder mit großen scharfkantigen Brocken, die Dolomiten
bestehen aus Kalkgestein.
vor schier unüberwindlichen Felsbrocken
auf dem Bergpfad ...
... unterhalb des kl.Settsass -
irgendwie geht es dann doch
Querungen von Wildbächen die wir nicht auf dem Bergpfad passieren können
da der Übergang zu glatt, rutschig, oder was auch immer ist, so müssen wir
uns teilweise weniger gefährliche Übergänge suchen. Man muss immer den größten
anzunehmenden Unfall im Auge haben wenn man solche Stellen vor sich hat.
Einmal auf einer stinknormalen Skipiste reite ich in Serpentinen hinauf
und wundere mich wieso es da eine dunkle Stelle in der, ansonsten platt
gewalzten Piste gibt. Ich versuche noch kurz mein Pony am Betreten zu hindern
da ich denke, es könnte rutschig sein, will er aber nicht. Und schon steckt
er bis zum Bauch in der Skipiste. Peter ruft von oben runter ich soll zum
Bach laufen um Wasser zu holen weil er denkt das Pony ist vor Erschöpfung
am steilen Hang zusammengebrochen. Dabei steckt er in einem getarnten Schlammloch.
Wahrscheinlich haben sie einen Felsen oder was auch immer entfernt und das
Loch dann mit Erde gefüllt und eingeschlämmt damit es richtig dicht wird.
Die Oberfläche ist angetrocknet und sah stabil aus aber das Pferdegewicht
hat sie nicht getragen. Eigentlich hätte man das markieren müssen denn es
dauert Wochen bis so etwas durchgetrocknet ist. Da sieht man es wieder:
Unfälle passieren fast nie in schwierigen, gefährlichen Situationen sondern
meistens in völlig harmlosen. Hier ist nichts weiter passiert als der Schreck
aber dennoch...
Dann noch die sichtbar morastigen Wiesen und die Schneefelder, die es durch
den extremen Winter jetzt in größeren Höhen noch gibt und die teilweise
extreme Steilheit der Wanderwege die uns alles abverlangen. Umso wichtiger
ist es, unseren Pferden die Auf- und Abstiege ausreichend zu erleichtern.
So laufen wir nicht nur bergab, sondern sehr häufig auch bergauf. Vom val
vizze (Afens am Brenner) geht es nach Süden, den Alpenrand entlang. Dabei
haben wir schon am 2.Tag den Flaggerschartenpass in 2 Anläufen nicht geschafft,
zu viel Restschnee macht den Wanderweg für Pferde unpassierbar. Peter geht
alleine (ohne Pferd) hoch zur Hütte und da es weder schneefreie Auf- noch
Abstiege gibt, kommt er mit einem kalten Bier und 2 Cola von oben zurück.
Wir drehen um und übernachten auf einer Hochalm zwischen Kühen, Pferden
und Schafen.
Nach heftigen Aufstiegen erreichen wir am nächsten Tag im dritten Anlauf
das Latzfonser Kreuz. Weiter geht es über den Totensee, das Rittner Horn
bis Bad Siess. Dort übernachten wir im Reitstall mit Hotel von Markus Fink,
einem bekannten Rittführer in Südtirol. Dann Querung des Isarco-Tales, anschließend
auf der Dolomitenseite nach Osten, unter anderem durch das val Gardena und
das wunderschöne wilde val Travenanzes zu den tre cimes (3 Zinnen). Dann
wieder nach Westen und Norden bis nach Villa. Hier müssen wir unsere Tour
beenden obwohl wir noch nicht am Ziel sind aber die Umwege und Hindernisse
haben unseren Zeitplan ausgereizt - vor uns liegen noch etwa 20km Luftlinie
(ca. 35km Reitstrecke entweder über einen Bergrücken, was wir kaum schaffen
werden an diesem Tag, oder im extrem heißen Tal auf Asphalt, was wenig romatisch
ist. Also lassen wir uns abholen - die Pferde freut es sichtlich und hörbar.
Als Casanova die Hänger kommen sieht wiehert er sie an - ein hochintelligentes
Pferd
Von den 340 km sind wir etwa 250 km gelaufen. Die zurückgelegten 17055 Höhenmeter
ergeben zusätzliche 170 Leistungskilometer für die Pferde - 510 km in 13
Tagen, eine enorme Leistung.
Gegenseitiges Vertrauen ist notwendig
Der Reiz dieser Ritte in extremem Gelände ist für mich, mein Pferd sicher
durch das schwierige Gelände zu bringen. Gegenseitiges Vertrauen ist dabei
unerlässlich. Einerseits in die Führungsqualität des Reiters und andererseits
in das Können des Partners Pferd. Das führt letztlich dazu, dass auch nach
dem dritten Einbrechen in ein Schneefeld das nächste wiederum mutig betreten
wird, um erneut einzubrechen und sich mühsam durchzukämpfen. Wir helfen
uns gegenseitig!
unterhalb des kleinen Setsass - diese Ausblicke...
... entschädigen für die Strapazen - über dem val Travenanzes
Kurzbeschreibung des Rittes:
Das ist jetzt nicht wirklich zum einfachen Nachreiten: Zum Einen ändern
sich die Wege ständig. Vor Allem nach dem Winter sind Pfade und Brücken
weggespült. Viele Bergpfade sind auf der OSM-Karte als unpassierbar für
Pferde gekennzeichnet, teilweise mit Recht - es geht - aber die Verletzungsgefahr
ist immer gegeben. Wir hatten etliche oberflächliche Schrammen an den Beinen
der Pferde, daher ist es sicher sinnvoll Springgamaschen zu verwenden obwohl
diese evtl den Ritt nicht überleben. Es gab eben auch die moorastigen Wiesen
und die Schneefelder.
Zum Anderen ist der aufgezeichnete Track (Download oben) das Original, nicht
groß bearbeitet und enthält daher auch die Irrungen wenn wir umkehren mussten
oder uns dann doch für einen anderen Weg entschieden.
Da der Zeitpunkt des Rittes für mich suboptimal war (eigentlich wollte ich
im September gehen, der Termin wurde aber auf Juni/Juli verlegt und das
zu einem Zeitpunkt an dem schon andere Unternehmungen geplant waren) hatten
die Hufe bereits 4 Wochen Wachstum hinter sich was dann dazu geführt hat,
dass ich in den Sümpfen und Schneefeldern drei Mal einen Duplo-Beschlag
verloren habe. Mit frischem Beschlag wäre das sicher nicht passiert.
Tag 01 - von Afens im val vizze zur malga Pontelletto (Puntleider Alm) -
27,2km 1877m
,
1367m Tag 02 - von der Puntleider Alm
zur Flaggerscharte und zurück auf die Hochalm im val Vallaga - 30,1km, 1737m
1511m Tag 03 - vom val Vallaga
zur Klausner Hütte - 17km, 1290m
1227m
Tag 04 - von der Klausner Hütte nach Bad Siess - 25,2km, 1071m
1445m
Tag 05 - von Bad Siess zum Ladinser Hof bei Kastelruth - 23,2km, 970m
1164m
Tag 06 - von Kastelruth zur Malga del Sella - 27,8km, 1617m
643m
Tag 07 - von der Malga del Sella zu einer Almwiese unterhalb des Kleinen
Settsass - 28,6km, 1532m
1541m
Tag 08 - vom kleinen Settsass zum Ospitale d'Ampezzo - 27,2km, 1106m
1596m
Tag 09 - von Cortina d'Ampezzo zur Malga Rin Bianco (Abstecher an die Auronzohütte)-
29,8km, 1615m
1277m
Tag 10 - von der Malga Rinbianco bis zur Almhütte Plätzwiese - 28,1km, 1366m
1098m
Tag 11 - von der Plätzwiese nach San Vigilio di Marebbe - 37,6km, 1375m
2081m
Tag 12 - von St.Vigil zur Starkenfeldhütte - 31km, 1680m
954m
Tag 13 - von der Starkenfeldhütte nach Villa - 13km, 112m
1099m
Die Zeitangaben auf diesem Ritt immer ohne Pausen, wir hatten im Berg meistens
eine Durchschnittgeschwindigkeit von etwa 2km/h (mit Pausen) und 3-5km (ohne
Pausen).
Der gesamte Ritt
Bilder vergrößern für bessere Auflösung
auf einer Topo-OSM-Karte
Das Höhenprofil
vergrößern zu besserer
Auflösung mit Klick (Lightbox) - die Symbole beziehen sich nur auf
meine Übernachtungen, 2 mal haben alle in einem Bett geschlafen
- andererseits haben jeweils alle geduscht wenn ein Zimmer zur Verfügung
stand -
Jetzt noch mein üblicher Vergleich der Durchschnittswerte/Tag: (auch wenn man es üblicherweise nicht so macht - ich zähle
auch die Höhenmeter runter dazu, da nur das meiner Meinung nach
einen einigermaßen aussagekräftigen Vergleich ermöglicht. Gerade
bei Tagesetappen die viel abwärts gehen würden nur die Steigungen
hoch ein völlig falsches Bild einer Etappe ergeben. Wer einmal 1000
Höhenmerter auf rutschigem Schotter bergab gelaufen ist weiß wovon
ich rede)
dieser
Trail: 13 Tage - 2670
HM/Tagbei26,7km/Tag
Vogesenritt 2013: 7 Tage - eigene Planung - 2148 HM/Tag
bei 27,4km/Tag
via Sbrinz2017:
6 Tage -1943 HM/Tag
bei 22,5km/Tag Bernina-Trail 2018:
1780 HM/Tagbei26,2km/Tag
Pyrennäen Andorraritt2013:
6 Tage - geführter Ritt - 1668HM/Tag
bei 22,3km/Tag
ViaClaudiaAugusta2012:
Reschenroute Alpen 7 Tage - geführter Ritt: 1450 HM/Tag
bei 25,4km/Tag
Pyrennäen 2014/15: (nur die Hochgebirgswoche) 6 Tage - geführter
Ritt - 1271 HM/Tag
bei
16,1km/Tag
Ansonsten
Das Wetter meinte es extrem gut mit uns, wir hatten 2 Regengüsse,
einmal mit Gewitter und Hagelsturm, den wir wartend unter der Talstation
einer Gondelbahn verbringen durften und an einem Tag hat es 4 Stunden
geregnet. Die restliche Zeit litten wir eher unter der extremen
Hitze, vor allem in den Tälern.
Das war mit Abstand der härteste Ritt den ich jemals gemacht habe.
Selbst die Marokko-Durchquerungen, die ich vor Jahren mitgeritten
bin, über 920km in 21 Tagen, mit Tagesetappen bis 70km, waren nicht
so fordernd wie dieser Ritt. Zum Einen die Ertappenlänge bis 38km
bei Überwindung von 1380 m hoch und 2080m runter - Blasen an den
Fersen vom Hochlaufen und Hornhaut unter den Zehen vom Bergablaufen
, zum Anderen
die zurückgelegte Strecke von schätzungsweise 250 zu Fuss zurückgelegten
Kilometern.
Ein bisschen Bedenken hatte ich schon mit meinem 21 jährigen Casanova,
er ist zwar wirklich fit und gut trainiert, dennoch - das viele
Gepäck bei seinem geringen Körpergewicht von max. 380kg. Eines habe
ich jedenfalls dazugelernt - nicht nur ich bin relativ schmerzfrei
sondern auch mein Pony. Er ist ein Kämpfer und das macht seine,
manchmal gezeigte,Tolpatschigkeit dicke wett. Auch ich war vor dem
Ritt nicht wirklich fit. Eine Diskussion mit meinem Pony nach einer
2-wöchigen Urlaubsabwesenheit (ohne Pferd) - es ging um die Position
des Reiters auf dem Pferd - und das ohne Sattel - hat mich mit dem
Kopf zuerst in den Sand gesetzt: blaues Auge, blutige Stirn und
dermaßen die Halswirbelsäule gestaucht, dass ich den Kopf nicht
drehen konnte. Und das drei Tage vor dem Abritt - super aber, wie
gesagt, bin ich relativ schmerzfrei und es hat sich beim Reiten
(und Laufen) täglich gebessert.
Es war auch der Ritt der noch nie dagewesenen Ereignisse. Mein Pony
hat noch nie beim Bergablaufen den Sattel ständig auf den Ohren
gehabt und das bei seiner ausgeprägten Schulter und hohem Widerrist.
Wir mussten schon am ersten Tag einen Schweifriemen bauen um das
in den Griff zu bekommen. Paco hat noch nie ständig alle Satteldecken
verloren. Ich habe noch nie in dem Ausmaß Blasen an den Füßen gehabt
obwohl meine Schuhe nicht neu waren, ich sie schon Jahre habe.
Ich habe noch nie meine Jacke verloren - jetzt gleich zweimal, ich
habe noch nie Müsli zum Frühstück gegessen und ich bin auch noch
nie 250km in 13 Tagen gelaufen. Ergebnis: 2 kg abgenommen obwohl
wir sehr gut gegessen haben. Das mache ich nächstes Jahr wieder,
vielleicht ein bisschen gemässigter ohne Zeitdruck am Ende.
Ja das Essen: Wir haben wirklich sehr gut gegessen (und getrunken).
Immer wieder gab es Hütten oder Gasthäuser unterwegs, nur morgens
war öfter Campfrühstück angesagt da es sonst zu spät geworden wäre.
Ein-/zweimal haben wir abends Essen kochen müssen, das war erstaunlich
lecker. Peter hatte (amerikanische) gefriergetrocknete Mahlzeiten
mitgebracht die bis auf den enthaltenen Zucker (typisch USA) wirklich
gut geschmeckt und auch satt gemacht haben. Wasser unterwegs war
kein Problem obwohl durch die große Hitze und die Anstrengung der
Durst enorm war. Mehrmals mussten wir unsere Flaschen aus klaren
Bergbächen füllen - kein Problem da wirklich sehr viel Wasser aus
den Schneefeldern zu Tal schoss. Evtl. könnte es im Hochsommer hier
schwierig werden, daher ist es wichtig an jeder, wirklich jeder
Wasserstelle die Flaschen aufzufüllen.